In Viborg, einer traditionsreichen Stadt im Herzen Jütlands, zieht heute ein sportliches Großereignis viele Menschen an: das Royal Run. Während Läuferinnen und Läufer mit Sportkleidung durch die Straßen der historischen Kommune Sprinten, lohnt sich für deutsche Besucher der Blick in die Vergangenheit der Region.
Vor fast zwei Jahrhunderten, im Jahr 1826, besuchte der dänische König Frederik VI. die Gegend bei Mønsted. Anders als beim heutigen Royal Run war sein Interesse nicht sportlicher Natur, sondern wirtschaftlich motiviert: Nach mehreren Kriegen suchte der dänische Staat dringend nach Einnahmequellen – und Kalk war in der Industrie und Landwirtschaft begehrt. Mit modernem Weitblick ließ der König südwestlich von Viborg eine effiziente Kalkmine einrichten, die als Frederiks Kalkværk oder schlicht ‚Kongens Grube‘ bekannt wurde.
Die ersten Jahre verliefen erfolgreich. Der verantwortliche Amtsrichter sorgte für geordnete Abläufe und die Mine brachte dem Staat nennenswerte Einnahmen. Doch nicht alle waren von den modernen Methoden überzeugt – viele Bauern hielten an den hergebrachten Verfahren fest. Eine zeitgenössische Einschätzung sprach davon, dass sie ‚besonnen und skeptisch gegenüber Neuem‘ gewesen seien. Mit dem Ausscheiden des Amtsrichters im Jahr 1836 übernahmen drei lokale Verwalter das Unternehmen – leider weniger erfolgreich. Mangelhafte Zusammenarbeit und fehlende Wartung führten bald zu einem Niedergang. Am Ende mussten Frauen den Kalk wieder mühsam von Hand schleppen, wie es einst üblich war.
Heute sind die Mønsted Kalkgruben und die nahegelegenen Daugbjergkalkgruben beliebte Besucherziele inmitten einer einzigartigen Natur. Sie stehen als eindrucksvolle Zeugnisse für ein Kapitel dänischer Industriegeschichte. Während der Royal Run heute für sportlichen Elan sorgt, erinnert der Ort daran, wie politische und wirtschaftliche Weichenstellungen das Leben ganzer Generationen geprägt haben – und bietet deutschen Gästen spannende Einblicke jenseits der üblichen Touristenwege.
